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Lenz on Human Perfectibility

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Was ist Vollkommenheit? – Wir haben von Natur gewisse Kräfte und Fähigkeiten in uns, die wir fühlen. . . Um den wahren Begriff der Vollkommenheit zu erlangen, müssen wir in die Kenntnis des Menschen ein wenig tiefer hineingehen, Erfahrungen anstellen, sie vergleichen, und die Vernunft entscheiden lassen. . . Nichts in der Welt ist zu einer absoluten Ruhe geschaffen und unsere Bestimmung scheint gleichfalls ein immerwährendes Wachsen, Zunehmen, Forschen und Bemühen zu sein. Wir wollen immer weitergehen und nie stille stehen.

Soviel aber denke ich haben wir aus unsern eigenen und aller unserer Nebenmenschen Erfahrungen in unserm aufgeklärteren Zeitalter schon gelernt, daß unter allen unsern Fähigkeiten die unsers Geistes, und unter diesen die sogenannten obern Seelenkräfte, die edlern, die andern also ihnen untergeordnet sind. Nach dieser Proportion müssen wir also auch sie zu entwickeln und zu erhöhen suchen. Da aber alle in einem unauflöslichen Bande mit einander stehen, so sind wie andere neben so wenig zuverabsäumen. . . Genug es muß in unserm Bestreben nach Vollkommenheit eine gewisse Übereinstimmung aller unserer Kräfte zu einem Ganze, eine gewisse Harmonie sein, welche eigentlich den wahren Begriff des höchsten Schönen gibt. . .

Bedenken Sie wohl. . . daß ich hier von einer menschlichen Vollkommenheit rede. Ich hoffe nicht, daß mir hier der Einwurf gemacht warden, daß, da Gott die ersten Menschen gut erschaffen, sie meinen Begriffe zufolge gar keine Moral müßten gehabt haben. Gut hieß bei den ersten Menschen, fähig zur Vollkommenheit, aber noch nicht vollkommen, denn sonst würden sie nicht gefallen sein. Alle Geschöpfe vom Wurm bis zum Seraph müssen sich vervollkommen können, sonst hörten sie auf endliche Geschöpfe zu sein, und würden sich nach dem Platonischen Lehrbegriff ins unendliche und allervollkommenste Wesen verlieren.

What is perfection? – Nature bestows upon us certain powers and abilities, which we sense. . . But to achieve the true concept of perfection, we must penetrate more deeply into the consciousness of the human being, test experiences, compare them and allow reason to decide. Nothing in the world is crafted for complete rest, and our mission appears similarly to be a perpetual growth, increase, exploration and effort. We always seek to progress and never want to stand still.

We and our fellows have learned in this rather more enlightened age that among our faculties some are superior – those of the mind – and that to these so-called higher faculties of the soul the others must be subordinated. In this proportionality, therefore, we should seek to cultivate and develop them. But since all of them stand in an inseparable, infinitely minute connection with one another, the others are no more to be neglected than the higher – and this in accordance with the different orientations of each individual. . . Thus must our pursuit of perfection be governed by a certain accord composing all our powers to a whole, a certain harmony, which actually reflects the true concept of the highest and most beautiful. . .

Note that I speak here of human perfection. I hope that I will not be subjected to the criticism that, since God made the first men good, they must, in my view, have required no morality, i.e., conscious moral effort. “Good,” in the case of the first men, meant perfectible, not perfect, for otherwise there would have been no Fall. All creatures from the worm to the seraphim, must be capable of perfecting themselves, for if not, they would be finite creatures, and would lose themselves, in accordance with the Platonic learning, in the infinite and perfect Being.

Jakob Michael Reinhold Lenz, Versuch über das erste Principium der Moral (1772) in: Werke und Briefe in drei Bänden, vol. 2, pp. 504-05 (S. Damm ed. 1987)(S.H. transl.)

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